Erfreulicherweise hat man sich den letzten Jahren dazu entschieden, die beliebte Serie „Wolfenstein“ wieder aufleben zu lassen. Das Spiel ist als Klassiker bekannt und feierte seine Premiere in den 90er Jahren als ziemlich verpixelter Ego-Shooter bei dem man durch das „Castle Wolfenstein“ umherirrte und mit allerlei Nazis aufräumen musste. Die neue Serie von der „The New Colossus“ bereits der dritte Teil ist, kommt zeitgemäß als High Performance Game daher und ist für die diversen Konsolen und PCs in 4K optimiert. Ich habe mir ein paar Gedanken zu Wolfenstein gemacht.
Soweit eigentlich so gut. Man könnte sich wieder hinlegen und das Game genießen. So habe ich es es auch mit dem ersten und zweiten Teil getan. Beim zuletzt erschienenen Teil kann ich aber nicht anders, als mich aufzuregen. Ich habe begonnen, wie ich das oft mit so genannten Triple-A-Titeln mache, das Spiel auf meinem kleinen – nicht monetarisierten – Youtube-Channel zu streamen. Wenn man die deutsche Fassung des Spiels startet fällt einem sogleich auf, dass (natürlich) sämtliche Nazi-Symbolik entfernt wurde.
Das ist nicht ungewöhnlich, denn in Deutschland ist es nicht ohne weiteres erlaubt, Hakenkreuze und SS-Symbole in Spielen und Filmen zu verwenden. Das ist auch weiter nicht schlimm. Bethesda geht aber noch einen Schritt weiter. Neben dem obligatorischen Entfernen der Symbole wird auch das ganze dritte Reich quasi aus dem Spiel entfernt. Aber eben nur quasi. Bekannte Personen wie Hitler werden umbenannt in „Herr Hiller“. Statt „Heil Hitler“ rufen die Nazis „Mein Kanzler“. Und zu allem Überfluss verliert der Nazi-Oberverbrecher auch noch seinen Oberlippenbart.
Die Juden, die millionenfach durch das Nazi-Regime ermordet wurden, sind ebenfalls verschwunden. Sie werden von den bösen Charakteren im Spiel „nur“ noch als Verräter bezeichnet. Holocaust, Konzentrationslager, Gaskammern, alles wurde in der deutschen Version entfernt. Es existieren keinerlei Referenzen mehr darauf.
Es ist nun aber nicht so, dass man die, um ihrer Symbole erleichterten, Nazis nicht mehr als solche erkennen würde. Ganz im Gegenteil. Man erkennt sie sehr wohl. Auch „Herr Hiller“ ist ohne Oberlippenbart immer noch und ohne Probleme als das zu erkennen, was er ist. Ein perverser Mörder und Anführer eines verbrecherischen Regimes. Das führt zu einer absurden Situation im Spiel. Die Täter bleiben erhalten, deren millionenfache Oper hingegen verschwinden spurlos aus der Geschichte.
Jetzt kann man natürlich behaupten, bei „Wolfenstein II“ handelt es sich um ein rein fiktionales Spiel, das in einer Welt spielt, in der die Nazis nicht nur den Mond, sondern auch die Vereinigten Staaten erobert haben. Deshalb gäbe es auch keinen Grund, sich an geschichtlich korrekte Fakten zu halten. Man kann in dieser fiktiven Welt alles machen, was man will. Auf diese Position zieht sich auch der Hersteller zurück und macht es sich aus meiner Sicht damit zu einfach.
Man kann so eine Einstellung haben, ich halte aber mal dagegen:
1. Wenn es eine fiktive Welt ist und wenn darin alles frei gestaltbar ist, wieso ist dann in der englischen Fassung Hitler mit Bart zu sehen und wieso rufen seine Schergen „Heil Hitler“? (Übrigens in perfektem Deutsch!) Warum gibt es die Juden als Feinde und wieso basiert die ganze Story im Grunde auf dem dritten Reich? Die einzige künstlerische Freiheit, die man sich hier nimmt, ist die Eroberung der USA durch das „Regime“.
2. Es gibt auch andere fiktionale Werke, die in der Nazi-Zeit spielen. Es Beispiel sei der Kinofilm „Inglorious Basterds“ genannt. Ein Film von Quentin Tarantino, der von der Presse und die Kritiken sehr gefeiert wurde. Im Film kommen jede Menge Nazis, Hitler, sowie andere „Prominente“ aus dem dritten Reich und auch Hakenkreuze vor. Wieso geht das? (Ich habe sowohl die US-, als auch die Deutsche-Fassung im Kino gesehen und beide unterscheiden sich nur wenig!)
Aus meiner Sicht hat der Hersteller/Entwickler von „Wolfenstein II“ aus reiner Profigier völlig über das Ziel hinausgeschossen. In voreiligem Gehorsam hat man das eigene Spiel nicht nur zensiert um es „Deutschland kompatibel“ zu machen. Man hat das Spiel verkrüppelt. Durch diese Zensur verhöhnt das Spiel die Opfer des Nationalsozialismus und erweckt den Eindruck, ein drittes Reich hätte es nie gegeben. Jedenfalls nicht in der Form, in der es tatsächlich bestanden hat. Wenn man es auf die Spitze treiben würde, könnte man behaupten Bethesda macht sich die Geschichte zu nutze, um einenVerkaufserfolg zu haben, gleichzeitig verhöhnt man aber deren Opfer, indem man sie komplett aus dem Spiel tilgt. Das funktioniert aber leider nicht gut.
Sicher, es ist nur ein Spiel. Warum also die ganze Aufregung? Spiele sind ebenso Kulturgut wie Filme, Bücher und Musik. Sie werden leider nur all zu oft nicht als solche wahrgenommen. Solange es immer noch Politiker gibt, die glauben, Spiele wie „Wolfenstein“ sind nichts anderes als Trainingslager für künftige Amokläufer, solange wird sich leider an dieser Situation auch nichts ändern. Gerade die Reihe „Wolfenstein“ ist immer schon für seinen harten Umgang mit der Geschichte bekannt gewesen. Daher ist auch die aktuelle Ausgabe keine Ausnahme.
Solange aber auch prüde amerikanische Firmen das Ganze mitmachen und einfach und ohne erkennbaren Grund ihre Spiele aus reiner Profitgier zensieren, gibt es auch gar keinen Grund irgendetwas zu ändern. Das das Ganze scheinheilig ist, wird nur allzu sehr und auch allzu schnell klar, wenn man sich verdeutlicht, dass man in Deutschland ohne große Problem die Englische Version kaufen kann, die völlig unzensiert daher kommt. Jetzt erst versteht man, wie scheinheilig der Hersteller wirklich ist.
Man könnte auf der anderen Seite auch die Gesetzgebung in Deutschland kritisieren, die solche Maßnahmen – wenn sie auch hier übertrieben wurden – erst nötig machen. Man könnte sich fragen, warum es denn so schwer ist mit der Nazi-Symbolik in Deutschland. An dieser Stelle muss ich aber sagen, dass ich die Regeln wie sie sind für gut empfinde. Wer mit unserer Geschichte umgehen will und gegebenenfalls sogar Profit erzielen will, muss sich an diese Regeln halten und das ist gut so. Übertreiben muss man es jedoch nicht. Wenn das – wie in diesem Fall – zu einer Geschichtsklitterung führt, ist auch keinem geholfen.
Die einzige Sprache, die Firmen wie Bethesda verstehen ist Geld. Mein Geld bekommen sie künftig nicht mehr. Die „Wolfenstein“ Serie ist für mich erledigt.
Hier meine Playlisten zu den Vorgängern: